Neufassung der Nr. 3.5 der AV zu § 49 – Bewirtschaftung von Stellen – LHO

FinanzstaatssekretĂ€r FrĂ©deric Verrycken hat am 3. MĂ€rz 2021 eine als „Vorgriffsregelung“ bezeichnete Neufassung der Nr. 3. 5 getroffen und Nr. 3.6 der AusfĂŒhrungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (AV LHO) zu § 49 – Bewirtschaftung von Stellen – der Landeshaushaltsordnung (LHO) aufgehoben. Die Entscheidung wurde als Rundschreiben der Senatsverwaltung fĂŒr Finanzen Nr. 18/202 per E-Mail allen Senatsverwaltungen und Bezirken und deren Abteilungen Zentraler Service bzw. den Serviceeinheiten Finanzen und Personal mit DurchfĂŒhrungshinweisen bekanntgemacht und mehrere Rundschreiben aus den Jahren 2002, 2007 und 2020 aufgehoben.

Die neue Bestimmung legt zweifelsfrei fest, dass Einzelfallentscheidungen zur Bewertung von Aufgabengebieten ausschließlich von den fĂŒr die Aufstellung und AusfĂŒhrung des Stellenplans – insbesondere Bewirtschaftung der Stellen – zustĂ€ndigen Organisations- oder Serviceeinheiten bzw. der / dem Haushaltsbeauftragten nach § 9 Abs. 1 LHO getroffen werden. KĂŒnftig ist die Senatsverwaltung fĂŒr Finanzen verpflichtend zu befragen, wenn bei den Entscheidungsstellen Zweifel ĂŒber die Bewertung bestehen oder wenn die Verwaltungen Beanstandungen des Rechnungshofs nicht ausrĂ€umen konnten. Die Pflicht zur Befragung der Finanzverwaltung wird erweitert auf grundsĂ€tzliche Bewertungsentscheidungen, die dienststellenĂŒbergreifend zu regeln sind oder wenn sich die Finanzverwaltung fĂŒr bestimmte erstmalig neu wahrzunehmende TĂ€tigkeiten eine landesweite Bewertungsregelung vorbehalten hat. Zu Anfragen an die Senatsverwaltung fĂŒr Finanzen sind ausschließlich die Organisations- und Serviceeinheiten nach § 91 Abs. 1 LHO berechtigt. Besteht an einzelnen Bewertungsentscheidungen ein besonderes Interesse, zieht die Finanzverwaltung eine dienststellenĂŒbergreifende Arbeitsgruppe (AG Musterbewertungen) hinzu. Landesweit verbindliche Bewertungsentscheidungen werden auf der Grundlage von ArbeitsvorgĂ€ngen getroffen. In den DurchfĂŒhrungshinweisen werden die unbestimmten Rechtsbegriffe („ZweifelfĂ€lle“, „grundsĂ€tzliche Bedeutung“ und „besonderes Interesse“) erlĂ€utert. Ein „besonderes Interesse“ liegt danach vor, wenn „z. B. die Initiative von politischer Seite erfolgt oder mehrere Dienststellen mit dem gleichen Anliegen an die AG herantreten. Diese AufzĂ€hlung ist beispielhaft und nicht abschließend.“

Diese Neuregelung gilt nach der Entscheidung des FinanzstaatssekretĂ€rs im Vorgriff auf eine zukĂŒnftige Änderung der AV zur LHO und ist ab sofort zu beachten.

Das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren nach dem Personalvertretungsgesetz (PersVG) hat der Leiter der Abteilung Landespersonal bei der Senatsverwaltung fĂŒr Finanzen erst nach Inkrafttreten der sogenannten „Vorgriffsregelung“ am 5. MĂ€rz 2021 nach § 90 Nr. 5 eingeleitet.

Das Rundschreiben der Senatsverwaltung fĂŒr Finanzen Nr. 18/2021 vom 3. MĂ€rz 2021 und die Beteiligungsvorlage nach dem Personalvertretungsgesetz vom 5. MĂ€rz 2021 enthalten keine AusfĂŒhrungen darĂŒber, warum es sich bei den angeordneten VerfahrensĂ€nderungen und ErlĂ€uterungen zur Bewertung von Arbeitsgebieten der Natur der Sache nach um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die vorlĂ€ufige Regelungen im Sinne von § 84 Absatz 4 PersVG rechtfertigen. Von der Finanzverwaltung ist zu dem nicht geltend gemacht worden, dass die Beteiligung des Hauptpersonalrates vor der Inkraftsetzung der Regelungen grundlegende Interessen der Berliner Verwaltung behindern wĂŒrden und zur Wahrung der FunktionsfĂ€higkeit der Berliner Verwaltung unbedingt notwendig gewesen sei.

Die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – empfiehlt dem Hauptpersonalrat, beim Senator fĂŒr Finanzen das Verfahren nachdrĂŒcklich zu rĂŒgen.

Das Rundschreiben der Finanzverwaltung vom 3. MĂ€rz 2021 enthĂ€lt unter der Überschrift „Mitwirkungsrechte der BeschĂ€ftigtenvertretungen“ fĂŒr die Adressaten einen besonders kritikwĂŒrdigen Hinweis. Der Bemerkung, dass eine Änderung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung der örtlichen Personalvertretungen durch die Neuregelungen nicht eintritt, folgt der zu beanstandende Absatz. Er lautet: „Dies könnte lediglich vermieden werden, wenn die örtlichen PersonalrĂ€te ihre entsprechenden Befugnisse dem Hauptpersonalrat ĂŒbertragen wĂŒrden. Sofern seitens der Dienststellen der Wunsch besteht, das Verfahren entsprechend zu verĂ€ndern, bin ich gern dazu bereit, diese Frage mit dem Hauptpersonalrat zu erörtern.“ Diese Aufforderung an die örtlichen Dienststellenleitungen hĂ€tte vor ihrer Bekanntgabe im Gesamtbereich der Berliner Verwaltung mit den zustĂ€ndigen BeschĂ€ftigungsvertretungen abgestimmt sein mĂŒssen, bevor ein Übertragungsverfahren nach § 59 Satz 3 PersVG i.V. mit § 50 Absatz 2 Satz 2 PersVG initiiert wird.

Die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – missbilligt zum gegenwĂ€rtigen Zeitpunkt die Aufforderung der Finanzverwaltung an die Dienststellenleitungen der Berliner Verwaltung, sich fĂŒr eine EinschrĂ€nkung der Aufgaben und Befugnisse der örtlichen Personalvertretungen im Land Berlin einzusetzen, indem wichtige Entscheidungsbefugnisse bei der Bewertung von Arbeitsgebieten zentralisiert und auf den Hauptpersonalrat des Landes Berlin ĂŒbertragen werden sollen.

Die mit den BeschĂ€ftigtenvertretungen unabgestimmte Aufforderung an die Dienststellenleitungen der Berliner Verwaltung ist im Zusammenhang mit der neuen Festlegung ĂŒber die Zuweisung der alleinigen ZustĂ€ndigkeit fĂŒr die Bewertungsentscheidungen bei den zustĂ€ndigen Organisations- und Serviceeinheiten nach § 9 Absatz 1 LHO zu betrachten. Mit dem Auslaufen der GĂŒltigkeit von § 2 des Verwaltungsreform-GrundsĂ€tze-Gesetzes (VGG) am 31. Dezember 2020 hat Nr. 1.3.5 der AV LHO seine Grundlage verloren, so dass aus formellen GrĂŒnden durchaus schwerwiegende Bedenken darĂŒber aufkommen können, dass die Leitungen der Verwaltungszweige nach § 9 Absatz 1 LHO ihre Leitungsbefugnisse in dem hier relevanten Bereich verloren bzw. eingeschrĂ€nkt bekommen haben. Das wiederum könnte zur EinschrĂ€nkung ihrer Befugnisse als Dienststellenleitung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 und 2 PersVG fĂŒhren. Damit ist zu befĂŒrchten, dass die GrundsĂ€tze der vertrauensvollen Zusammenarbeit in den Dienststellten erheblich gestört werden könnten.

Die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – rĂŒgt die vom Finanzsenator angeordneten EinschrĂ€nkungen der Befugnisse der Leitungen der Verwaltungszweige bzw. der Dienststellenleitungen nach der Aufhebung von § 2 VGG zum 31. Dezember 2020.

Unter den ErlĂ€uterungen zu den verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen in der Neufassung von Nr. 3. 5 der AV zu § 49 LHO sind die hinweisenden AusfĂŒhrungen zum „besonderen Interesse“ in Satz 6 von inhaltlicher Bedeutung. Hier wird geregelt, wie mit politischen Initiativen, deren Absicht es ist, Einfluss auf die Bewertung von Arbeitsgebieten zu nehmen, kĂŒnftig umzugehen ist.

Die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – wendet sich gegen die vorgenommenen Regelungen ĂŒber die Behandlung von politischen Initiativen bei der Bewertung von Arbeitsgebieten, um eine Politisierung der Dienstpostenbewertung zu verhindern.